Die Finanzsituation der Gemeinde Kelmis ist sehr ernst. Der laufende Haushalt der Gemeinde weist ein strukturelles Defizit auf, was gegen die geltenden dekretalen Vorschriften verstößt und die Gemeinde in eine ernsthafte Schieflage zu bringen droht.
2022 hat die Deutschsprachige Gemeinschaft vor diesem Hintergrund erstmals ein zinsloses Darlehen an eine Gemeinde vergeben. Die Gemeinde Kelmis hat Mittel in Höhe von 3 Mio. EUR erhalten, um ihr Defizit zeitweise abzufedern. Gleichzeitig wurden der Gemeinde 2023 seitens der Deutschsprachigen Gemeinschaft über 12 Mio. EUR zur Bewältigung von Infrastrukturprojekten bereitgestellt. Hierbei handelte es sich im Gemeindevergleich um die höchste gewährte Zuschusssumme im beschriebenen Jahr.
Aufgrund der anhaltend schlechten Haushaltssituation der Gemeinde beauftragte die Deutschsprachige Gemeinschaft 2023 die wallonische Kontrollbehörde CRAC mit einem umfangreichen Audit der Gemeindefinanzen. Es gilt nun, die Empfehlungen der CRAC umzusetzen, um den Haushalt der Gemeinde nachhaltig wieder ins Gleichgewicht zu bringen.
In diesem Sinne werden wir:
Grundsätzliches
- die Finanzpolitik der Gemeinde zu einer absoluten Priorität machen und hierüber transparent mit den Bürgerinnen und Bürgern kommunizieren. Großprojekte und parteipolitische Versprechungen sind zum aktuellen Zeitpunkt unrealistisch und unseriös. Gleichzeitig wollen wir die Bürgerinnen und Bürger bei der Ausarbeitung zukünftiger Projekte der Gemeinde einbeziehen, sobald die finanzielle Lage dies wieder ermöglicht;
- die Einnahmen- und Ausgabensituation der Gemeinde eingehend nach Optimierungspotenzialen durchsuchen. Hierzu ziehen wir die Empfehlungen des CRAC zurate;
- einen Wiederaufbauplan für Kelmis auferlegen mit dem Ziel, unsere Gemeinde wieder auf sichere Füße zu stellen;
In Bezug auf Dotationen
- eine Verhandlung mit der Deutschsprachigen Gemeinschaft und den anderen deutschsprachigen Gemeinden über eine Neuverteilung des Gemeindefonds aufnehmen. Es muss uns klar sein, dass diese Maßnahme allein nicht ausreichend sein wird und unsere Eigenverantwortung innerhalb der Gemeinde nicht vollends kompensieren kann;
In Bezug auf gemeindeübergreifende Synergien
- uns für ein gemeinsames Schatzamt auf Ebene mehrerer oder aller Gemeinden in der Deutschsprachigen Gemeinschaft einsetzen. Dies hat den Vorteil, fluktuierende Liquiditätssituationen in den einzelnen Gemeinden solidarisch und nach festgelegten Mechanismen abfedern zu können. Die Gemeinde verliert dadurch nicht ihre Finanzautonomie;
- Proaktiv nach Zusammenarbeitspotenzialen mit unseren Nachbargemeinden und der Deutschsprachigen Gemeinschaft suchen und diese aktivieren (z. B. IT-Abteilung, Projektkoordinatoren, selten verwendete Geräte). Die Qualität der Dienstleistungen für die Bürgerinnen und Bürger werden hierbei nicht beeinträchtigt sondern tendenziell sogar verbessert;
In Bezug auf durch die Gemeinde erbrachte Dienstleistungen
- die Kosten jeder Dienstleistung systematisch analysieren und nach Möglichkeit senken. Die Qualität der Dienstleistungen soll hierbei nicht beeinträchtigt werden;
- eine jährliche Indexierung der verschiedenen Dienstleistungs- und Miettarife sicherstellen;
In Bezug auf die Erhebung von Steuern
- Die Einziehungsquote verbessern;
- die Steuersätze der Zusatzsteuern und anderer kommunaler Steuern und Gebühren im gemeindeübergreifenden Vergleich stetig überprüfen;
- die Verwaltungskosten für die Beibehaltung einer Steuer im Verhältnis zu ihrem Ertrag bewerten;
- Im Bereich der Grundsteuer die Übermittlung von Informationen an die Katasterverwaltung systematisieren, um eine stetige Aktualisierung der Katastermatrizen zu ermöglichen;
In Bezug auf die Verwaltung
Wir wollen die Gemeindeverwaltung als attraktiven und effizienten Arbeitgeber positionieren. Eine effiziente Verwaltung lebt wiederum von der Motivation und dem Teamgeist ihrer Mitarbeitenden. Deshalb setzen wir in all unseren Maßnahmen im Bereich Verwaltung auf die konstruktive Einbeziehung aller Mitarbeitenden und auf deren individuelle Entfaltungsmöglichkeiten am Arbeitsplatz.
- Die Personalverwaltung von Gemeinde, ÖSHZ und die Autonome Gemeinderegie bündeln;
- die Lohnmasse stabilisieren und einen mehrjährigen Einstellungsplan aufstellen, der eine langfristige Vision für das Personalmanagement bietet;
- Nettokosten nach Diensten ermitteln, um deren Organisation zu optimieren und außergewöhnliche Auf- oder Abwärtsentwicklungen erkennen zu können;
- Abgänge in den Ruhestand zeitweise nicht mehr systematisch ersetzen, mit Ausnahme von Stellen, die für das reibungslose Funktionieren des Dienstes unerlässlich sind;
- eine Bestandsaufnahme der Aufgaben jedes Mitarbeiters in einem Dienst vornehmen, wenn ein Abgang in den Ruhestand angekündigt wird. Folglich können die tatsächlichen Bedarfe jedes Dienstes in Bezug auf Profile, Erfahrungen und Personalstärke bewertet werden;
- eine Kultur der Dienstoptimierung im Zuge von natürlichen Abgängen einführen: vor dem Ausscheiden eines Bediensteten in den Ruhestand werden notwendige Wissenstransfers antizipiert und Optimierungs- und Synergiepotenziale systematisch erfasst;
- ein Ausbildungsprogramm für alle Mitarbeitenden in Zusammenarbeit von Gemeinde, ÖSHZ und Autonomer Gemeinderegie entwickeln, das mit dem Einstellungsplan, dem Personalbedarf und den individuellen Wünschen der Mitarbeitenden verknüpft ist;
- Ein “Zero-based Budgeting” aufstellen, d. h. in allen Diensten jährlich mit einem weißen Blatt Papier beginnen: alle anzuberaumenden Kosten müssen rechtfertigt werden;
- die Arbeit der größten Überstundenleister nach Möglichkeit neu organisieren;
- Für die unentgeltlich zur Verfügung gestellten Bediensteten an das ÖSHZ und die Autonome Gemeinderegie die kommunalen Zuweisungen anpassen;
- Arbeitszeiten und Arbeitsplätze zeitgemäß modernisieren;
- Arbeitsunfälle durch die Umsetzung einer wirksamen Präventionspolitik reduzieren;
- Kosten für Vertretungen feststellen;
- Überstunden nach Möglichkeit vermeiden. Hierzu wollen wir eine Obergrenze für die Anzahl der Überstunden in einem bestimmten Zeitraum festlegen. Der Abbau von Überstunden soll zu bestimmten Zeiten erfolgen, um die Kontinuität und das reibungslose Funktionieren des Dienstes nicht zu beeinträchtigen;
- die Verwaltungsordnung überarbeiten in Bezug auf die Bestimmung, dass ab 15 Minuten, die außerhalb der normalen Arbeitszeit geleistet werden, eine Stunde automatisch abgegolten wird, gegebenenfalls zuzüglich eines prozentualen Zuschlags;
- Das Konzept des unvorhergesehenen Rückrufs prüfen (Ein Reinigungsauftrag nach einem Gemeindefest stellt keinen unvorhergesehenen außerordentlichen Wochenendauftrag dar);
- Für Überstunden, die in Abend-, Nacht- und Wochenendschichten geleistet werden, nach Möglichkeit eine Pauschalisierung einführen;
- die Anzahl der Arbeiter im Bereitschaftsdienst beschränken;
- die Hauptursachen für Nacht- und Wochenendeinsätze untersuchen (Probleme mit Alarmanlagen, Wasseraustritt, umstürzende Bäume usw.). Dazu werden wir ein Monitoring der Nacht- und Wochenendeinsätze und Interventionen über einen aussagekräftigen Zeitraum durchführen. Ausgehend von diesen Feststellungen müssen Überlegungen zu den Ursachen für Nacht- und Wochenendeinsätze angestellt werden, um diese zu verringern. Ferner werden wir ein System von “Einsatzbriefen” einführen, auf denen der Bedienstete die während des Nacht- und Wochenendeinsatzes durchgeführten Arbeiten begründet und die dem Generaldirektor zur Validierung übermittelt werden;
- die Verwaltung des Fuhrparks optimieren;
- die Arbeit des Umweltberaters optimieren;
- Pauschalentschädigungen für außergewöhnliche Einsätze von Gemeindebeamten einführen;
- Doppelbesetzungen vermeiden;
- Im Sinne der Mitarbeitenden Überlegungen über die Ursachen von Langzeitabwesenheiten einleiten und diesen möglichst vorbeugen;
- so weit wie möglich auf subventioniertes Personal zurückgreifen;
- einen gemeinsamen Mitarbeiterpool für Gemeinde, ÖSHZ und Autonomer Gemeinderegie für die Abteilungen Bauarbeiten, Informatik, öffentliches Beschaffungswesen, Wartung usw. bilden;
- systematisch nach den kostengünstigsten Funktionsweisen suchen;
- Sammeleinkäufe anberaumen, um durch die Erzielung von Skaleneffekten Einsparungen zu erzielen;
- die Kosten für Repräsentation und Empfänge begrenzen;
- soweit wie möglich die verfügbaren Mittel nach der Zwölftel-Regel blockieren, um die Mittelbindungen auf den unbedingt notwendigen Bedarf zu beschränken;
- Betriebskosten in allen Bereichen möglichst begrenzen (Bekleidungskosten eingrenzen, Kilometerpauschalen vermeiden und Reisekosten von Belegen abhängig machen, die vom Vorgesetzten geprüft werden usw.);
- Druckkosten begrenzen;
- die Digitalisierung zur Begrenzung der Betriebskosten nutzen (Informatisierung von Verfahren, elektronische Rechnungsstellung usw.). Hierbei sollten Synergien mit dem Fachbereich Informatik des Ministeriums der Deutschsprachigen Gemeinschaft gesucht werden;
- Postversände begrenzen und nach Möglichkeit auf E-Mailversände umstellen;
- die Einrichtung einer gemeinsamen Telefonzentrale für Gemeinde, ÖSHZ und Autonomer Gemeinderegie prüfen;
- Bei der Erstellung jedes Haushalts die Angaben zum Verantwortlichkeitsbeitrag auf der Website des FÖD Pensionen überprüfen, um realistische Planungen zu erstellen;
- Neue Zusammenarbeitspotenziale mit Sozialbetrieben prüfen (z. B. beim Unterhalt der Friedhöfe);
In Bezug auf Interkommunale
- die Ergebnisse und Prognosen der Interkommunalen regelmäßig prüfen, um die neuesten Informationen, die sich auf die Gemeindefinanzen auswirken, sowohl während des Haushaltsjahres als auch bei der Haushaltsplanung und beim Rechnungsabschluss für die Ergebnisrechnung zu berücksichtigen;
In Bezug auf Anleihen
- das aktive Schuldenmanagement optimieren: einen mehrjährigen Investitionsplan unter Berücksichtigung der Investitionsfähigkeit der Gemeinde aufstellen, um die Schuldenlast langfristig zu kontrollieren;
- die Schuldeneinnahmen über die kurzfristige Anlage von noch nicht verwendeten Anleihen und erhaltenen Zuschüssen optimieren;
- Krediteröffnungen zum günstigsten Zeitpunkt je nach Konjunkturlage konsolidieren;
- das Schuldenprofil analysieren und das Portfolio diversifizieren, um die Risiken zu minimieren;
- die Entwicklung des Schuldenstands und der Schuldenlast eng überwachen;
- die Möglichkeiten und die Zweckmäßigkeit einer Neuverhandlung des Zinssatzes eines Kredits auf der Grundlage der Vertragsbedingungen und des Marktzinses ermitteln, insbesondere im Zusammenhang mit der aktuellen Zinsentwicklung und dem nicht unerheblichen Anteil an nicht festverzinslichen Verbindlichkeiten;
- etwaige vorzeitige Rückzahlungen am Jahrestag der Änderung des variablen Zinssatzes des Kredits vornehmen;
- die Verfolgung von Schuldenlasten, die sich auf außerordentliche, fremdfinanzierte Ausgaben beziehen, gewährleisten:
- die Schuldenlast durch die Planung außerordentlicher Projekte langfristig stabilisieren;
- den Grundsatz der Nichtverlängerung von Krediten verfolgen, die bereits bei früheren Transaktionen verlängert wurden und dadurch bereits die Nutzungsdauer des betreffenden Gutes überschritten haben;
- die Zweckmäßigkeit prüfen, die Salden bestimmter Anleihen ohne Kreditausfallentschädigung zurückzuzahlen, indem ein Teil der Boni aus früheren Haushaltsjahren verwendet wird;
- die ausstehenden Schulden in Bezug auf ein Gut ermitteln, das aus der Bilanz des Unternehmens herausgenommen würde;
- Eine enge Überwachung der Cashflow-Entwicklung einführen, aber auch die Verwaltung der Bankkonten rationalisieren und alle frei verfügbaren Finanzressourcen auf der Ebene der Gemeinde und der AGR/ÖSHZ mobilisieren sowie den Cashflow-Bedarf in Zusammenarbeit mit der AGR/ÖSHZ für mindestens ein Jahr planen. Zu diesem Zweck ist es sinnvoll, Cashflow-Vereinbarungen zu treffen und ein System zur Abwicklung der kommunalen Zuweisungen einzuführen, das mit dem Bedarf der begünstigten Dienste übereinstimmt und auf die Aufrechterhaltung eines stabilen Cashflows abzielt.
- die Prognose der Zinskosten wie folgt verbuchen: 6 Monate für neue Kredite, die im Laufe des Haushaltsjahres für nicht geförderte Investitionen aufgenommen werden; 3 Monate für neue Kredite, die im Laufe des Haushaltsjahres für geförderte Investitionen aufgenommen werden;
In Bezug auf die Autonomie Gemeinderegie (AGR) und das ÖSHZ
- kommunale Zuweisungen darauf beschränken, etwaige Defizite auszugleichen. Das Budget der AGR/ÖSHZ sollte nicht auf der Grundlage der kommunalen Zuweisungen, sondern auf der Grundlage ihrer eigenen Mittel und Prioritäten erstellt werden;
- Eventuelle Boni, die auf Ebene der AGR/ÖSHZ festgestellt werden, dazu verwenden, die Zuweisung beizubehalten oder sogar zu senken, um zur Aufrechterhaltung eines strukturellen Gleichgewichts beizutragen und so die Entwicklung der Gemeindezuweisungen mittels einer kontrollierten Entwicklung des Haushaltspfads zu glätten;
- die Erhöhung der Gemeindezuweisungen an das ÖSHZ so weit wie möglich auf die Erhöhung der Sozialhilfe und der sozio-professionellen Wiedereingliederung, d. h. auf die Nettokosten der vorrangigen Aufgaben des ÖSHZ, beschränken. Jede weitere Erhöhung muss durch die Umsetzung von Verwaltungsmaßnahmen ausgeglichen werden. In diesem Zusammenhang sollte das ÖSHZ einen Fünfjahrespfad erstellen, um den Anstieg der Sozialhilfe und der sozioprofessionellen Wiedereingliederung zu objektivieren und folglich die Entwicklung der Gemeindezuweisungen unter Kontrolle zu halten;
- die Strategie und Prozesse auf Ebene der Gemeinde, des ÖSHZ und der AGR aufeinander abstimmen, um die Entwicklung von Zusammenarbeit und Synergien zu fördern;
- Kriterien zur Hinzuziehung von Rechtsbeiständen festlegen;
- klare Prozesse und Rahmenbedingungen für die Gewährung rückforderbarer Sozialleistungen sowie die Art dieser Leistungen und ihre Rückforderung festlegen, um die Rückforderung zu optimieren;
- die Kontrolle von Sozialhilfeansprüchen verstärken;
- die Überprüfung der Erstattungen der Krankenhilfe an Krankenhäuser verbessern;
- Verfahren zur Zahlungsaufforderung an andere Stellen beschleunigen;
- Verfahren zur Inanspruchnahme von Unterhaltspflichtigen beschleunigen;
- soziale Untersuchungen vorzugsweise in der Behörde statt am Wohnort des Betroffenen abhalten und Sozialarbeiter mit Laptops ausstatten, um aufwändige Nachprotokollierungen zu vermeiden;
- in Bezug auf Mietgarantien: einen Inspektor verpflichten, der die Bewohnbarkeit der Wohnungen überprüft. Wenn der Leistungsempfänger eine Wohnung akzeptiert, obwohl der Inspektor einen negativen Bericht über die vermietete Wohnung erstellt hat, erhält er keine Unterstützung vom ÖSHZ;
- die maximale Anzahl von beruflichen Eingliederungen (Art.60§7) in Abhängigkeit der Haushaltskapazität des ÖSHZ festzulegen und Unternehmen und gemeinnützige Organisationen an den tatsächlichen Kosten entsprechender Aufwendungen beteiligen;
- die Möglichkeit einer Vereinbarung mit Kathleos über die kostengünstigere Lieferung bzw. Verteilung von Mahlzeiten prüfen;
- maximale Defizite für die einzelnen Aktivitäten der AGR festlegen;
In Bezug auf Kirchenfabriken
- die Kirchenfabriken auffordern, ihre Vermögen offenzulegen;
- ein jährliches Gesamtbudget für alle Fabriken festlegen, das mit einem maximalen Entwicklungskoeffizienten (0,00 bis 1,00%/Jahr) festgelegt wird;
- die Vertreter der Kirchenfabriken für die finanziellen Schwierigkeiten der Gemeinde sensibilisieren und ihnen vermitteln, dass sie ihre Finanzen verwalten sollten, indem sie insbesondere ihre Rücklagen und ihr Immobilienvermögen nutzen, bevor sie den Gemeindehaushalt in Anspruch nehmen;
- den Stand der Reserven und die Inflation der Energiekosten parallel zur Belegung der verschiedenen Standorte verfolgen.